Klara und die Liebe zum Zoo

Klara und die Liebe zum Zoo

2001, Roman, Verlag Antje Kunstmann // 2003, Neuausgabe, Rowohlt Taschenbuch

„Es gab Tage, an denen wollte Klara sich aus dem Fenster im siebten Stock lehnen und gegen alles anbrüllen…“ Gegen alles. Laut. Denn alles läuft gut, und doch ist nichts in Ordnung.

Vor acht Monaten war sie mit ihrem sechzehnjährigen Sohn, 97 Kisten und ein paar Möbelstücken bei George in New York eingezogen, sie hatte begonnen auszupacken bis zu dem Moment, in dem er sie bewegungslos vor der zwölften Kiste fand, in der Hand ein Foto, das sie mit einem anderen Mann vor zwanzig Jahren im Dschungel zeigte. Klara ist machtlos gegen die Erinnerungsattacken, die von nun an ohne Ankündigung in ihren Alltag hineinbrechen, als wolle die Vergangenheit die Gegenwart übernehmen, und sie kann nichts dagegen tun. Brüllen ist unzumutbar, und ihre Besuche beim Analytiker sind halbherzig.

An solchen Tagen hilft nur ein Besuch bei Gus, dem Eisbären im Central Park Zoo. Schon vor siebzehn Jahren, als sie allein und somnambul zwei Wochen durch New York lief und eher zufällig vor dem Eisbärengehege landete, spendete er Trost gegen das überwältigende Gefühl der Fremdheit. Damals hieß er Skandy.

Zwischen damals und heute taumelt Klara mit wachsendem Galgenhumor immer haarscharf am Rande des Abgrunds entlang. Sie treibt durch die Steinwüsten New Yorks, überläßt sich der trägen Sinnlichkeit des peruanischen Urwalds und schließt sich puertoricanischen Straßenhunden an.

Aus lakonischen Berichten eines ganz normalen Alltags und Ausflügen in die Vergangenheit entsteht die Geschichte einer Gratwanderung, die tragikomische Suche einer Frau nach Verlässlichkeiten in einer Welt, in der auf nichts mehr Verlass ist.

Kritiken

„Mit ihrem Roman „Klara und die Liebe zum Zoo“ ist Pia Frankenberg die eindringliche und humorvolle Lebensbilanz einer Frau in den kritischen Jahren gelungen.”Der Spiegel
„Durchaus gelungen ist der Autorin, die psychische Befindlichkeit der fragilen Hauptfigur plausibel zu entfalten. Klara möchte Kathastrophen, die in der Zukunft auf sie zukommen könnten, rechtzeitig erkennen und abwenden; also ist sie darauf angewiesen, Zeichen richtig zu deuten. Misslingt dies, entsteht jene Komik, aus der der Text einen guten Teil seines Reizes bezieht.”Neue Zürcher Zeitung
„Mit trockenem Witz und einem kräftigen Schuss (Selbst)Ironie rückt die Autorin der Wirrnis ihrer Heldin zu Leibe. Präzise in Sprache und Beobachtungsgabe. Amüsant und auch nachdenklich.”Münchner Abendzeitung
„Kitschfreie Charakterstudie.”Gala
„Frankenberg beschreibt das als gelungenen Cocktail. Wer kurz nippt will mehr und liest das Buch in einem Zug.”Neue Osnabrücker Zeitung
„Depressiv in New York: Pia Frankenbergs feiner Roman „Klara und die Liebe zum Zoo“
…eine vergnügliche, brilliant geschriebene Analyse einer nicht ganz so vergnüglichen Midlife-Crisis”Heilbronner Stimme
„‚Klara und die Liebe zum Zoo‘ ist ein bestechend gut geschriebener, sehr ehrlicher Roman, dem viele Leser zu wünschen sind.”Pforzheimer Stimme
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Klara und die Liebe zum ZooLeseprobe

Sie rasten durch die Stadt wie auf einem Trip – zumindest stellte sie sich so einen Trip vor. Nach dem schlagartigen Einbruch der Dunkelheit hatte der Ort eine andere Form angenommen, gestochen scharf von einander abgehobene Lichtinseln reihten sich, von schwarzen Löchern unterbrochen, aneinander. Die Gesichter der Verkäufer, die unter den mit Plastikplanen geschützten, löchrigen Brettervordächern der Geschäfte stoisch Kämme, Haarklammern, Waschmittel, Schmuck, Jeans, T-Shirts und Sonnenbrillen bewachten, wirkten wie ausgebleicht. Das Licht aus den allgegenwärtigen Neonröhren tilgte jegliche Bräune und wurde von den Gesichtern reflektiert, und als Benni das Motorrad beschleunigte, verzogen sie sich zu einem langen, auf und ab wehenden Streifen. Während alles um sie herum zu einer Orgie aus Farben, Geräuschen und Musikfetzen zerfloß, schloss sie ihre Arme enger um Bernis mollige Mitte und drückte Brust und Bauch flach an seinen Rücken. In unregelmäßigen Abständen donnerten sie in Schlaglöcher und flogen über Aspaltkanten, aber sie empfand keine Angst. Sie mochte Bernis warmen, verschwitzten Körper, er fühlte sich gutmütig an, und einen kurzen Moment lang dachte sie, daß sie sich niemals vorstellen könnte, so mit Johannes durch Iquitos zu rasen. Es gab Körper, die Vertrauen einflößten, und solche, die wie heimatlose Hunde selbst eine Bleibe suchten.

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